Marketingausbildungen sind für viele Berufsleute eine tolle Option, sich in diesem Bereich weiterzubilden und Kompetenzen anzueignen. Robert Wernli, der Präsident der Prüfungskommission Marketingfachleute, über Generalisten versus Spezialisten.

Robert Wernli, Präsident Prüfungskommission Marketingfachleute

Herr Wernli, wie viele Berufszweige ist auch die Marketing- Branche im Umbruch. Wohin geht die Reise aus Ihrer Sicht?
Zuerst einmal muss man sich darüber einig sein, was Marketing
überhaupt ist. Ganz sicher ist es keine Branche im eigentlichen Sinn. Marketing ist eine unternehmerische Aufgabe oder auch eine Funktion, die in jedem Unternehmen und damit in allen Branchen letztlich den Erfolg am Markt sicherstellen soll. Betrachtet man die Stellenausschreibungen, so stellt man fest, dass die Begriffe Marketing und Kommunikation häufig synonym verwendet werden.

Ist das ein Problem? Und falls ja, wie äussert sich das?
Ich würde es jetzt nicht wirklich als Problem bezeichnen. Aber es zeigt aus meiner Sicht drei Dinge. 1. Marketing scheint für Jobsuchende eine grosse Anziehungskraft zu besitzen, das wissen natürlich auch die Unternehmen. Aktuell sind rund 4200 Anzeigen online, die «Marketing-Spezialist:innen» suchen. 2. Betrachtet man allerdings die Ausschreibungen etwas genauer, so zeigt sich, dass die allerwenigsten dieser Anzeigen wirklich Marketing- Jobs anbieten. Es geht da von Sales/Presales Communication Solutions über den klassischen Marketing Manager bis hin zum/zur Senior-Aktuar/in. 3. Dies zeigt, dass der Marketing-Stellenmarkt extrem fragmentiert ist. Vieles wird als Marketing benannt, das eigentlich nur einen Teilbereich, also eines der Instrumente des Marketings, umfasst.

Was sind denn aus Ihrer Sicht die Gründe für diese Fragmentierung?
Der Hauptgrund liegt darin, dass es in unserer Schweizer KMU-Landschaft viel zu wenig «reine» Marketing-Jobs gibt, welche die Mitarbeitenden voll auslasten könnten. Da Marketing aber als Magnet funktioniert, wird alles, was auch nur ein bisschen mit Marketing zu tun hat, als Marketing-Job ausgeschrieben.

Was bedeutet das nun für die Wirtschaft und vor allem für die Ausbildungen im Bereich Marketing?
Kleine und mittelgrosse Unternehmen (KMU) benötigen Marketing-Generalisten. Diese müssen sich in allen Marketing- Instrumenten auskennen und in der Lage sein, den relevanten Markt zu analysieren, Handlungsoptionen zu erkennen, Strategien abzuleiten, Konzepte zu erarbeiten und Massnahmen zu planen, umzusetzen und deren Erfolg zu kontrollieren. Dabei sollen sie bei Bedarf auch mit Spezialisten zusammenarbeiten, diese briefen und kontrollieren. Genau auf diese Bedürfnisse der Wirtschaft sind die Weiterbildungen in der höheren Berufsbildung Marketingfachfrau bzw. -fachmann mit eidg. Fachausweis sowie diplomierte Marketingleiterin bzw. diplomierter Marketingleiter ausgerichtet. Sie bieten eine ganzheitliche und sehr stark praxisorientierte Grundausbildung im Bereich Marketing an.

Wer soll denn nun eine solche Weiterbildung absolvieren?
Diese Weiterbildungen sind ja so eine Art Grundausbildung in Marketing. Entsprechend sind sie für sehr viele Berufsleute eine tolle Option, sich in diesem Bereich weiterzubilden und Kompetenzen anzueignen. Für viele ist es zudem die grosse Chance, «ins Büro zu wechseln». Beispielsweise Berufsleute aus handwerklichen Branchen, die sich verändern und weiterentwickeln möchten, können mit einer Ausbildung zur Marketingfachperson quasi «umsteigen». Ihre berufliche Grundbildung (die Lehre) kommt ihnen dabei sehr zugute. Sie sind dann Branchenfachleute mit Marketing-Kompetenzen. Das ist für sie aber auch für Arbeitgeber ein Gewinn.

Und wohin geht denn nun die Reise mit den Berufsbildern?
Die gesamte Wirtschaft ist im Wandel. Das Marketing sogar noch ein bisschen mehr und ein bisschen schneller. Denn es muss auf die grossen Entwicklungen nicht bloss reagieren, sondern diese sogar frühzeitig erkennen und antizipieren. Entsprechend sind wir auch laufend daran, die Handlungskompetenzen mit Blick in die Zukunft weiterzuentwickeln. Themen wie KI, Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Strategie- und Konzeptentwicklung oder Storytelling stehen dabei weit oben auf der Agenda. Eine Generalistenausbildung also mit punktuellen und für die Zukunft wichtigen Spezialisierungen.